Hallwilerseelauf 2018 / Alles „Just-in-time“

Vorgeschichte

Als ich mich 2012 erstmals mit der Idee beschäftige, mal an einem Lauf teilzunehmen, kam mir als erstes der Hallwilerseelauf in den Sinn. Da mir das Datum schon belegt war, habe ich Alternativen gesucht und bin schlussendlich bei 100km-Lauf von Biel gelandet. Diesen habe ich dann erfolgreich absolviert und der Rest ist Geschichte. – Interessanterweise bin ich in den folgenden Jahren nie an den Hallwilerseelauf. Halbmarathon war mir erstens zu kurz und zweitens hatte ich keine Lust auf „Gedränge“ rund um den See.

Nach dem sensationellen Via Alpina-Projekt hatte ich Lust, wieder mehr zu trainieren und vor allem ein richtiger Läufer zu werden. Also neue, leichte Laufschuhe gekauft und abends trotz früher Dunkelheit eine kurze Runde joggen gehen. Statt den Luzern Marathon, nur den Halbmarathon anmelden und vorher gleich noch den Hallwilerseelauf einschieben. Wurde ja eh Zeit, dass ich diesen mal mache!

Vor dem Rennen

Bis jetzt bin ich erst 3 Halbmarathons gelaufen. Beim Debut 2015 am Sempacherseelauf habe ich meine Bestzeit von 1:39:58 erreicht. Beim Nacht-HM am Neujahrsmarathon in Schlieren hatte ich eine 1:47er-Zeit und dieses Jahr beim Aargau Marathon eine 1:51er. Fokussiert trainiert hatte ich aber nie. – Auch dieses Mal kann man nicht von fokussiertem Training sprechen. Immerhin war ich aber regelmässig Kurzstrecken laufen und habe versucht etwas Geschwindikeit reinzubringen.

Mein Ziel wäre es, einmal ein paar Minuten unter 1:40h zu bleiben. Das müsste ich eigentlich auch mit mässigem Training über eine gewisse Zeit erreichen können. Am Hallwilerseelauf wäre aber schon eine Zeit von 1:45h tiptop. Es geht mir vor allem darum, mal eine Standortbestimmung zu machen.

Erfreulicherweise stellt mir „Mitbewerber“ Reto Grütter (Grütter Bedachungen AG, Beinwil am See) einen Parklatz auf seinem Firmengelände zur Verfügung. So kann ich praktisch bis 300 Meter an die Startlinie fahren. Zusammen mit dem tollen Wetter und der vorgängig zugeschickten Startnummer gibt das eine super Sache! – Ich entscheide, nur das Laufshirt, Mütze und Sonnenbrille mitzunehmen und direkt nach dem Lauf nach Hause unter die Dusche zu gehen.

Mein Startblock startet um 13:52 Uhr. Ich mache noch ein Nickerchen bis nach 12:00 Uhr, bereite mich dann easy vor und fahre nach 12:30 Uhr ab nach Beinwil. Kurz vor 13:00 Uhr bin ich dort und beziehe meinen Parkplatz.

Mein reservierter Parkplatz

Als ich dann mein Laufshirt anziehen will, stelle ich mit Schrecken fest, dass ich es nicht dabei habe. Kurzer Kontrollanruf zu Hause: Ja, es liegt bei der Garderobe, wo ich mir die Schuhe angezogen habe. Es gibt nicht viel zu überlegen. Sofort wieder nach Hause und das Shirt inklusive montierter Startnummer holen! Es wird aber sportlich werden, damit ich es bis zur Startzeit in den Block schaffe.

Ich kann es nicht glauben. Wie viele Materialkontrollen bei den Ultras habe ich schon ohne Beanstandung überstanden? Immer alles dabei! – Aber zu dämlich um drei Sachen zu einem Halbmarathon mitzunehmen. Der Countdown bis zur Startzeit tickt unerbittlich. Um 13:22 Uhr, eine halbe Stunde vor meinem Start, übergibt mir David das Shirt in Schöftland an der Hauptstrasse, so dass ich gleich wieder wenden kann.

Unglaubliche Geschichte. Ich versuche mich nicht zu stressen und vor allem keine weiteren Fehler zu machen. Ärgern tue ich mich nur über die unnötigen Kilometer im Auto, welche nicht nötig wären. Nüchtern betrachtet habe ich ja genug Zeit, da ich auch in einem späteren Startblock starten könnte. – Als das Rennen mit dem Start der Elite um 13:35 Uhr offiziell gestartet wird, bin ich noch nicht mal in Beinwil.

Um 13:44 Uhr stelle ich dann das Auto wieder auf meinen Grütter-Parkplatz, wechsle das Shirt und mache mich auf den Weg zum Start. 13:47 Uhr komme ich am Vorstart an, wo grad der Startblock vor mir losgelassen wir. Uhr starten – Käthi, Isabel und Rolf grüssen – Einmal durchschnaufen und dann geht es bereits los! Just in time!

Strecke

Hallwilerseelauf

Ich habe mir vorgenommen, mal mit einer 4:55 min/km-Pace zu starten und dann zu schauen, wie das funktioniert. Auf jeden Fall auf den ersten 10 Kilometern überhaupt nicht forcieren. Nach dem Start geht es auf der Hauptstrasse Richtung Mosen. Perfektes Wetter, leicht abfallende Strecke und genügend Platz laden geradezu ein, um Gas zu geben. Ich halte mich aber bewusst zurück und geniesse einfach den tollen Tag mit Blick in die Alpen. Es geht fast anstrengungslos und macht unglaublich Spass. – Das war aber die ersten 4 Kilometer schon meistens so.

In Mosen ist der „Downhill“ dann erst mal zu Ende und die Strecke steigt bis Aesch wieder leicht an. Ich suche mir immer wieder andere Läufer oder bevorzugt Läuferinnen zum anhängen. Schon kurz nach dem Start habe ich einem Paar angehängt, welches die richtige Pace hat und gleichmässig läuft. Nun als es vor Aesch etwas steiler wird, habe ich das Gefühl, schneller laufen zu müssen/wollen und wechsle auf einen Läufer, welcher recht rassig vorbeizieht und sich von der Steigung nicht beeindrucken lässt. Als wir oben sind, stellt sich heraus, dass er zu seinem Kollegen aufschliessen wollte und deshalb so schell unterwegs war.

Fünf Kilometer sind in Aesch absolviert und der erste Verpflegungsposten steht bereit. Ich greife mir einen Becher Wasser, trinke 3 Schlucke und schütte mir den Rest über den Rücken. Weiss nicht ob das etwas bringt, aber beim Ironman in Hawaii machen sie das auch immer und es sieht auch cool aus! 🙂

Nach der Verpflegung finde ich mich dann direkt hinter Ariella Käslin wieder. Ich weiss nicht, was sie für eine Zeit laufen kann, schätze sie aber in einem ähnlichen Bereich wie mich ein. Als ehemalige Spitzensportlerin wird sie sich das Rennen zudem sicher gut einteilen können. Mit diesen Annahmen hänge ich mich mal hintendran und warte ab, was passiert.

Bis zur nächsten Steigung funktioniert es gut, Ariella wird dann aber etwas langsamer und ich habe genügend Reserven, um das Tempo zu halten. Also ziehe ich vorbei und mache einen kurzen „Zwischensprint“. Das erste Streckendrittel ist vorbei und rechne kurz die mögliche Finisherzeit hoch. Ich bin etwa im Bereich der angestrebten 1:45h. Der Puls ist noch im grünen Bereich und somit alles in Ordnung.

Pulskurve

Vor der Seerose wird die Strecke dann enger und es wird etwas mühsamer zum laufen. Teilweise überholen Läufer, teilweise müssen Läufer überholt werden. Eine gleichmässige Pace zu laufen ist schwierig. Es hat auch immer wieder kleine Steigungen und Gefälle drin. Bis nach Seengen mache sich so fast ein wenig Fahrtspiel-Training. Ich ruhe mich hinter einem Pacer aus. Wenn mir dieser zu langsam wird und sich gute Möglichkeiten zum überholen geben, ziehe ich das Tempo für 200 – 300 Meter an, bis die Erschöpfung einsetzt und ich mich wieder bei irgendwem zur Erholung anhänge.

Sehr selten bei mir: Beide Füsse in der Luft

Bei 10.5 Kilometer dann die nächste Finisher-Zeit-Hochrechnung. Ich bin fast auf die Sekunde auf 1:45h-Kurs. Zweifel kommen allerdings auf, ob ich die zweite Hälfte so durchziehen kann, was mir in der Regel nicht gelingt. Heute bin ich aber recht gemütlich gestartet und habe jetzt das Gefühl, noch Reserven zu haben.

Mir ist es teilweise etwas eng und hektisch. Einmal berühre ich beim überholen einen anderen Läufer, welcher sich lautstark beschwert. Bei einer Verpflegung schlage ich einem anderen Läufer den Becher aus der Hand. (Unabsichtlich) – Der Lauf ist landschaftlich schön, aber mir ist einfach etwas zu viel Betrieb.

Nach 12.5 Kilometern entdecke ich dann meine perfekte Pacerin vor mir. Nochmals ein Zwischenspurt, um möglichst rasch zu ihr aufzuschliessen. Schöner Rücken, schöner und gleichmässiger Laufstil. Ich hoffe sie bringt mich bis ins Ziel. – Leider funktioniert es nur bis zum Schloss Hallwil. Sie wird langsamer und ich überhole.

Die Passage durchs Schloss finde ich witzig. Es einige Zuschauer und eine Band spielt. Gerne wäre ich länger hier im Schlosshof und würde die Stimmung und den tollen Tag geniessen. Es sind aber erst zwei Drittel absolviert und mir ist bewusst, dass nun der anstrengendste Teil kommt.

Im Schloss Hallwil

Bei Kilometer 15 nochmals eine Hochrechnung. Noch 6 Kilometer zu laufen, noch genau 30 Minuten zur Verfügung. Das kann klappen, wird aber hart werden. Es sind noch die Steigungen bei Boniswil und vor der Schifflände zu bewältigen. Nicht wirklich Höhenmeter, aber die Dinger hängen trotzdem an.

Mein Puls ist jetzt im Bereich von 180 Schlägen/Minute. Das bin ich mir nicht gewohnt, es fühlt sich aber nicht dramatisch an. Atmung funktioniert und die Muskulatur ist in Ordnung. Nicht mehr Komfortzone, aber auch nicht wirklich am Anschlag. – Ich kann wieder einer Frau anhängen, welche einfach durchzieht und wir sind nun ständig am überholen.

Strandbad Boniswil, dann weiter zur Schifflände. Bei jedem Kilometer kontrolliere und rechne ich. Das Resultat bleibt stehts das Gleiche: Ich muss mindestens eine 5:00 Min/km-Pace laufen, dann könnte es ganz knapp auf 1:45h reichen. – Ich bin etwas überrascht, dass auf den letzten Kilometern gefühlt alle 300 Meter ein Läufer am Boden liegt und von Sanitätern oder Zuschauern betreut wird. (Nur Läufer. Läuferinnen sind einfach intelligenter und laufen nicht bis zum Zusammenbruch!) – Ich kann mich gar nicht so weit quälen und bin eigentlich recht froh darüber.

Die Spannung bleibt bis zur Tafel „500m vor dem Ziel“. Nun bin ich mir sicher, dass ich es (wenn auch knapp) unter 1:45h schaffen werde. Im Endspurt geht der Puls noch kurz in die 190er. Dann bin ich im Ziel und Datasport stoppt mich bei 1:44:43. Just in time!

Fazit und Ausblick

Endlich habe ich den Hallwilerseelauf auch mal gemacht. Es ist ein schöner Lauf und ich werde sicher wieder zurückkehren. Für eine Halbmarathon-Bestzeit ist er sicher nicht ideal, da die Strecke zu unregelmässig und auch eng ist.

Weiter geht es für mich in zwei Wochen in Luzern, wo ich dieses Jahr „nur“ den Halbmarathon laufen werde. Ziel ist, die ganze notwendige Ausrüstung im ersten Anlauf mitzunehmen. 🙂 – Zeitlich wäre es super, wenn ich nochmals unter 1:45h bleiben könnte. Ich freue mich aber vor allem darauf, dass Pius und Markus auch dabei sein werden und es sicher eine kurzweilige Sache neben dem Lauf wird!

Daneben beschäftige ich mich bereits gedanklich mit der Saison 2019. Sicher ist, dass ich einen Startplatz für den Eiger Ultra E51 zu bekommen versuche. Weiter ist ein grösseres Projekt im Gespräch, bei dem ich gerne dabei wäre. Mal sehen! 🙂

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