One Million Run 2020

Die Pläne waren da, doch dann kam Corona

Eigentlich war ich motiviert für ein „ambitioniertes“ Laufjahr 2020. Beim Eiger Ultra E101 wollte ich mich endlich für den Quarz-Club qualifizieren. Ein Run for Hope-Projekt sollte noch vorgelagert werden. Für den September habe ich einen Startplatz am TOR130 erhalten. Dazu spontan noch Swiss Canyon Trail, allenfalls einen Abstecher zum Swissalpine und sonst noch mitnehmen, was grad sinnvoll in den Terminplan passt.

Ja, das war der Plan. Doch dann kam Corona. – Anfangs konnte ich mir nicht vorstellen, dass das Ding tatsächlich bis in die Schweiz kommt. Geschweige denn, dass es tatsächlich ein Pandemie gibt. – Dann hatte ich auf einmal das Gefühl, jetzt kann man wirklich nicht mehr sagen, wie die Geschichte weitergehen wird. Und dann kam der Lockdown.

Geschäftlich hatten wir grosses Glück, da wir unter Einhaltung der Sicherheitsregeln, ohne viele Einschränkungen weiterarbeiten konnten. Im Büro war es für drei Wochen ziemlich ruhig und wir hatten praktisch keinen Anfrage- oder Auftragseingang mehr. Das war eigentlich noch gemütlich, denn wir hatten ja noch Arbeitsvorrat auf den Baustellen für 2-3 Monate. Wir waren dann aber froh und dankbar, dass sich nach den Ostern die Situation bei uns wieder normalisierte und wir unsere Bücher für den Herbst zu füllen beginnen konnten.

Privat genoss ich es, dass ich auf einmal keine Termine in der Freizeit mehr hatte. Praktisch täglich gab es einen ausgedehnten Spaziergang mit Silvia. Das Homeschooling mit den Jungs war teilweise etwas weniger entspannt, als die Spaziergänge.

Da das 1000er-Stägeli gesperrt wurde, fiel mein traditionelles wöchentliches Training weg. Allerdings hatte ich ja auch keinen Druck für Training, da die Läufe nach und nach abgesagt wurden. – Mit viel freier Zeit und wenig Druck komme ich in eine richtig Lauf-Lust rein und bin mehrmals wöchentlich in der Gegend unterwegs. Zwar meist nur kurze Strecken von 6 bis 15km. Aber dafür öfters in den hügeligen Wäldern um Schöftland. Nur eben: Für was trainiere ich eigentlich?

Zu diesem Zeitpunkt kommt der One Million Run ins Spiel. Dauernd flattern Newsletter von Laufveranstaltern in die Inbox, welche für den One Million Run werben. Auf Facebook posten immer mehr Laufkameraden, dass sie mitlaufen werden. Als dann bereits Silvia fragt, ob ich mitmachen werde, ist es Zeit mich mit der Sache zu beschäftigen. – Ich finde raus: Es geht darum, dass möglichst viele Leute, an zwei Tagen, individuell Kilometer laufen. Es sollen mindestens eine Million Kilometer zusammenkommen und es gibt auch eine Spendenaktion für den Schweizer Nachwuchssport.

Klar mache ich mit, aber wo und was soll ich laufen? – Das Projekt „Drei Antennen-Lauf“ von 2014 schwingt immer noch in mir nach. Damals war ich eine 48km-Runde von Aarau über die Wasserflue, Froburg und den Engelberg gelaufen. Vorbei an den drei Sendemasten, welche man von Schöftland aus sehen kann. So etwas reizt mich, allerdings in der Light-Version. – Also kurz ein wenig in der Schweizmobil-App rumspielen und eine schöne Runde für den Tag 1 des One Million Run ist geplant.

One Million Run Tag 1 / Jura-Runde

Strecke: 33.3 km
Höhenmeter: +1’366m
Zeit: 4:16h

Um 6:00 Uhr stehe ich auf, frühstücke und fahre dann mit dem Auto zur Saalhöhe. Der Plan ist, von dort ostwärts zur Wasserflue zu laufen, dann vom Grat Richtung Erlinsbach abzusteigen und am Hangfuss über Rohr (SO), Lostorf zum Schloss Wartenfels zu laufen. Ab dort wieder hoch zur Froburg Sendeanlage und dann über die Höhen zurück zur Saalhöhe. 31 Kilometer sollen das sein. In 4 Stunden möchte ich die haben.

Um 7:10 Uhr starte ich die Uhr und laufe los. Wetter und Temperatur passen. An exponierten Stellen zieht aber die Bise gehörig. Ich geniesse es, im Jura unterwegs zu sein. Einfach eine super Gegend und ja praktisch vor der Haustüre. Etwas überraschend kommen mir zu dieser frühen Stunde auf dem Gratweg zuerst eine Gruppe Kinder und dann ihre Väter entgegen. Die müssen zeitig losgegangen sein, dass sie schon hier oben sind. Meine Jungs liegen noch zu Hause im Bett.

Nach 25 Minuten oder 3 Kilometern habe ich den östlichsten Punkt meines Laufs erreicht und stehe auf der Wasserflue. Ich mache ein Foto und dann geht es in den Downhill zum tiefsten Punkt des Laufs.

Aussicht von der Wasserflue Richtung Südosten

Die Gegend hier kenne ich recht gut vom wandern und früheren Läufen. Bergab geht es natürlich locker und flott und es macht Spass. Und so stehe ich nach weiteren 25 Minuten schon fast bei 8 Kilometern am „Tiefpunkt“ der Reise. Ich überquere bei Erlinsbach Breitmis die Saahlhöhe-Strasse und ab jetzt geht es wieder aufwärts.

Die Strecke ab hier bis zur Froburg kenne ich nun gar nicht. Den Track habe ich mir vorgängig auf die Uhr geladen. Leider in umgekehrter Laufrichtung, so dass der Pfeil jetzt immer nach hinten zeigt, wenn ich richtig laufe. Über den Barmelhof (unterhalb der Barmelweid) geht es hoch zur Rütmatt. Es hat einzelne Wanderer und Biker unterwegs, aber richtig viel los ist noch nicht. Die Bauern haben die schönen Tage genutzt und auf vielen Flächen wurde Heu gemacht.

Nach 1:20h stehe ich bei Kilometer 11 auf der Rütmatt. Ein Drittel der Strecke in einem Drittel der Zeit. Passt soweit. Spannend ist der Blick zurück. Die Scharte der Saalhöhe ist sichtbar, der Grat zur Wasserflue und der Weg runter ins Tal. Ich freue mich darüber, was ich bereits geleistet habe.

Blick von der Rütmatt. Links vom Masten am Horizont ist die Saalhöhe. Rechts am Horziont der Wasserflue-Sendemast

Bald geht es wieder abwärts nach Rohr (SO). Da war ich glaube ich noch nie. Ich esse laufend einen Balisto-Riegel und trinke meine beiden Softflasks leer. Bei der nächsten Gelegenheit will ich Wasser auffüllen.

Ich bin wieder mal begeistert vom Schweizer Wanderweg-System. Man stellt sich einfach zu Hause am PC eine Route zusammen und ist nachher sicher, dass man einen guten und ausgeschilderten Weg vorfindet. Flächendeckend über die ganze Nation. Ich überlege mir, dass wir eigentlich öfters an neuen Orten wandern sollten, da es doch so einfach und immer wieder interessant und überraschend ist.

Die erhoffte Wasserstelle finde ich dann in Rohr in Form eines überraschend grossen und modern gestalteten Brunnens. Ich fülle die Flaschen und trinke auch gleich noch ein paar Deziliter, da ich ziemlich Durst habe. Kurzes Kartenstudium: Rohr liegt wie in einem Kessel. Südlich führt die Strasse raus Richtung Stüssligen, nördlich hoch zur Schafmatt. Ich verlasse den Kessel aber über südwestlich über eine steile Waldflanke Richtung Bad Lostorf. Da war ich auch noch nie.

Ein super Singletrail führt den Wald hoch und ich nehme mir vor, diese Route bald einmal mit der ganzen Familie zu wandern. Oben geht es dann über Juraweiden weiter. Einfach eine sensationelle Gegend. Und keine Leute unterwegs.

Bei der „Ruine Bad Lostorf“ treffe ich auch keine Leute an. Das ehemalige Thermalbad ist seit bald 20 Jahren stillgelegt und verwuchert. Davon bekomme ich aber nicht viel mit, da ich nur oberhalb durchlaufe. Die Hälfte der Strecke habe ich nun geschafft und bin noch nicht ganz 2 Stunden unterwegs.

Es folgt ein kurzer Anstieg zum Schloss Wartenfels. Hier war ich auch noch nie und der Name ist mir auch kein wirklicher Begriff. Deshalb bin ich freudig überrascht, als ich das Schloss und vor allem die Aussicht kennenlerne. Klar, der Kühlturm wäre für die Aussicht nicht notwendig, gehört halt aber auch zu dieser Gegend.

Ausblick vom Schloss Wartenfels

Ich esse nochmal ein Balisto, geniesse kurz die Aussicht und schaue nochmals auf die Karte. Kurz nach dem Schloss würde der geplante Aufstieg beginnen. Es ist aber ein so toller Tag und es macht mir so viel Spass, dass ich mich entscheide, meinen westlichsten Punkt statt bei der Froburg Sendeanlage, zur Froburg Ruine zu verlegen. Die Tour wird somit schöner, logischer und ein wenig länger.

Also heisst es weiterhin am Hangfuss weiterzuqueren und oberhalb von Mahren bis rüber zum Marenacker zu laufen. Dort beginnt dann der Anstieg zur Froburg. Nun komme ich wieder in bekanntes Gelände und weiss in etwa, was mich bis zurück zur Saalhöhe erwartet. Meinen westlichen Wendepunkt verlege ich dann noch zum Gipfelkreuz der Geissflue ob Trimbach. Hier wollte ich auch schon immer mal hin.

Geissflue ob Trimbach

Dann geht es auf den Rückweg. Ich schaue kurz bei der Ruine Froburg vorbei. Dann beim Restaurant durch Richtung Sendeanlage. Mein Wasser geht wieder dem Ende zu und ich hoffe einen Brunnen zu finden. Nun wieder oben auf der Höhe ist das aber gar nicht so einfach.

Ziemlich genau drei Stunden bin ich unterwegs, als ich an der Sendeanlage vorbeilaufe. Eine leichte Ermüdung stellt sich ein, aber es geht immer noch gut vorwärts. Diese Strecke kenne ich recht gut und ausser dass ich kein Wasser mehr habe ist alles in Ordnung.

Bis zur Schafmatt brauche ich 50 Minuten. Dann der letzte Anstieg hoch zur Geissflue, den höchsten Punkt dieser Runde. Ein toller Tag mit Sicht bis in den Schwarzwald.

Geissflue: Aussicht Richtung Norden

Die 4 Stunden-Marke ist nun erreicht und auch die ursprünglich geplanten 31 Kilometer sind durch. Ich brauche noch eine Viertelstunde bis zurück zum Auto auf der Saalhöhe. Tag 1 des One Million Run schliesse ich nach 4:16h und 33.3 Kilometer, kurz vor 11:30 Uhr ab.

Ich fahre nach Hause, dusche, esse etwas und mache dann noch eine Wanderung mit Silvia. Den Rest des Tages habe ich Kopfweh, da ich zu wenig getrunken habe. Nächstes Mal laufe ich wieder mit den grösseren Flaschen.

 

One Million Run Tag 2 / Hallwilersee-Runde

Strecke: 21.5 km
Höhenmeter: +137m
Zeit: 2:05h

Heute soll es einfach ein gemütlicher Halbmarathon um den Hallwilersee geben. So hätte ich dann 54km anlässlich des One Million Run absolviert. – Tagwache ist wieder um 6:00 Uhr. Um 7:10 Uhr stehen Silvia und ich am Parkplatz beim Schloss Hallwil. Silvia füttert die Parkuhr für 2 Stunden. Das reicht mir normalerweise. Sie will im Gegenuhrzeigersinn marschieren, ich im Uhrzeigersinn rennen. Wenn wir uns treffen, werden wir abmachen wo ich sie nach dem Lauf aufpicke.

Wie erwartet sind meine Beine etwas träge von gestern. Ich nehme es aber gemütlich und lasse mich davon nicht stressen. Nach 3 Kilometern meldet sich in Tennwil dann mein Verdauungstrakt und ich suche das nächste Toi-Toi auf. Danach läuft es sich etwas entspannter, aber richtig schnell bin ich nicht unterwegs.

Es ist ein wunderschöner Morgen am See und ich geniesse diese Stimmung. Es hat einige Leute unterwegs und ich entdecke verschiedene Läuferinnen und Läufer, welche die One Million Run-Startnummer angepinnt haben.

In Mosen zeichnet sich ab, dass ich wohl ein wenig länger als die zwei Stunden brauchen werde. Spielt mir keine Rolle und es wäre ja Zufall, wenn genau in diesen paar Minuten eine Parkplatz-Kontrolle durchgeführt würde.

In Beinwil treffe ich auf Silvia. Sie will zurück zur Schifflände marschieren und ich soll sie dort abholen. – Immer noch recht gemütlich, aber gleichmässig mache ich die Seerunde fertig.

Überraschung dann beim Parkplatz. Tatsächlich stehen zwei Polizisten bei unserem Auto und scheinen gerade die Busse auszustellen. Ich frage, ob ich nachzahlen darf. Ein Polizist fragt, ob ich denn zu langsam gewesen sei. Meine Begründung einer Toi-Toi-Pause funktioniert und ich kann ohne Busse wegfahren. – One Million Run erfolgreich abgeschlossen.

Ausblick

Das Wochenende hat Spass gemacht. Vor allem die Tour im Jura war super und macht Lust auf mehr. – Betreffend offiziellen Läufen gibt es allenfalls eine kleine Chance, dass ich bim Swissalpine starten könnte. Der TOR130 ist noch nicht offziell abgesagt und ich hoffe noch darauf, dort starten zu können.

Grundsätzlich will ich den Sommer aber nutzen, um ein paar kleinere individuelle Projekte zu realisieren. Wenn möglich mit Beteiligung der Familie.

 

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