Mountainman-Marathon 2017 – Neblige Sache

Vorgeschichte

Vor ziemlich genau 5 Jahren, im September 2012, habe ich zum ersten Mal vom Mountainman gehört. In der Garderobe nach „The Wayve“ traf ich Martin Zwahlen. Er sagte mir, dass er hier nur als Supporter gewesen wäre, da er sich noch vom „Mountainman“ erholen würde. Ich hatte keine Ahnung, was der „Mountainman“ ist und googelte zu Hause erst einmal. 75km mit über 5000 Höhenmetern. Dies auf einer sensationellen Punkt zu Punkt Strecke von Engelberg Trübsee zum Pilatus. Start und Ziel liegen nur gute 20km Luftlinie auseinander, die Strecke führte aber in einem grossen U bis zum Brünigpass und so kamen dann die Gesamtstrecke und Höhenmeter zusammen. – Ich befand mich damals in der Vorbereitung auf die flachen 100km von Biel und dass es solche Rennen in den Bergen gab, war mir bis dahin nicht bewusst.

2014 stand ich dann selber am Start des Mountainman-Ultra. Es ging damals drum, die letzen Qualipunkte für den UTMB zu sammeln. In einem Rennen auf sehr nassem Terrain, schaffte ich dies und konnte mich in der Folge um einen Startplatz am UTMB bewerben. 2015 und 2016 hat der Mountainman dann leider nicht in mein Programm gepasst.

So toll die ursprüngliche Strecke für die Teilnehmer war, so mühsam und kompliziert war sie für die Organisatoren. Start und Ziel nicht am selben Ort, dazu zusätzliche Startorte für Marathon- und Halbmarathon-Distanzen. Viele Verpflegungsposten nicht direkt mit Fahrzeugen erreichbar. Der Aufwand liess sich für das überblickbare Teilnehmerfeld wohl nicht rechtfertigen bzw. finanzieren.

So haben die Organisatoren nach Alternativen gesucht und in einem neuen Format gefunden. Start und Ziel befinden sich nun auf der Melchsee-Frutt. Von dort sind drei unterschiedliche Runden, je um die 20km gelegt. Wer die Halbmarathon-Distanz laufen will, macht nur die erste Runde. Die Marathonis machen zwei Runden. Die Ultras absolvieren alle drei Runden und kommen so auf 64km und gut 3’800 Höhenmeter.

Dieses Jahr liegt der Termin ideal zwei Wochen vor dem UTMB und der Mountainman-Marathon soll mir als Hauptprobe dienen. Auf lange Trainingsläufe habe ich das ganze Jahr verzichtet und deshalb ist jede Gelegenheit willkommen, mal ein paar Stunden am Stück unterwegs zu sein. Logistisch ist es einfach, da ich am Morgen anreisen und am Nachmittag wieder heimfahren kann.

Vor dem Start

Der Wecker geht um 5:00 Uhr, ich drehe mich aber noch einmal im Bett und stehe erst um 5:30 Uhr auf. Anziehen, eine Schale Müesli und ab Richtung Stöckalp. Unterwegs gönne ich mir noch ein Schoggi-Gipfeli und ein Caffè Latte. Um 7:00 Uhr treffe ich bei der Stöckalp ein und nach einer Toilettenpause geht es mit der Gondelbahn auf die Melchsee-Frutt.

Ziemlich verhangen am morgen früh

Ich nehme meine Startnummer in Empfang und montiere diese am Laufrucksack. Wettertechnisch ist es recht frisch und ziemlich verhangen. Es sollt heute Vormittag aber trocken bleiben, am Nachmittag kann es allenfalls ein paar Niederschläge geben. Ich hoffe auf eine Laufzeit von rund 6:30h, eine Schätzung, welche sich im nachhinein als zu optimistisch herausstellt.

8:00 Uhr – Start der Ultraläufer

Um 8:00 Uhr startet das Ultramarathon-Feld. Ich habe noch eine Stunde, um mich für den Marathon-Start um 9:00 Uhr vorzubereiten. Ich hole mir am Automaten einen Kaffee und esse zwei Chocoly. Dann den Rucksack fertig packen, Schuhe anziehen und noch einmal alles kontrollieren. – Ich überlege, ob ich mit kurzen oder langen Hosen laufen soll. Auf Grund der Temperatur tendiere ich zu den langen, zum Gas geben wären die kurzen aber bequemer, die meisten anderen Läufer stehen mit kurzen Hosen rum. Ich entscheide mich dann für die langen, da ich eher zu warm angezogen sein möchte. Am UTMB könnte es heiss sein und da schwitze ich heute lieber etwas mehr.

Rucksackmässig habe ich wohl auch das grösste Pack dabei. Neben Thermohose und -jacke, sind auch Regenhose- und jacke eingepackt. Zudem die Notausrüstung, Iphone, Portemonnaie, ein paar Knoppers und der Fotoapparat. Die beiden Wasserflaschen fülle ich voll. Ziel ist, dass ich eine ganze Runde laufen kann, ohne Wasser von den Verpflegungsposten zu nehmen. Dies alles im Hinblick auf den UTMB, damit ich mich schon mal an das grössere Gewicht gewöhnen kann.

Eine Viertelstunde vor dem Start deponiere ich meine Sporttasche im Gepäckraum und stelle mich nachher in die Startbox. Ich bin ruhig und entspannt und will einfach ohne grosse Erwartungen mal schauen, wie sich der Tag entwickelt.

Runde 1: Tannalp – Planplatten – Hochstollen (21km / 1220 Höhenmeter)

Punkt 9:00 Uhr geht es dann los. Zuerst ein paar hundert Meter auf der Asphaltstrasse, dann auf den Wanderweg. Erster Eindruck: Der Rucksack fühlt sich besser an, als ich erwartet habe. Passt! – Die Strecke steigt dann leicht an und ich komme etwas unter Druck. Beim UTMB würde ich hier klar marschieren. Heute joggen aber alle und so ich natürlich auch. Allerdings steigt dann mein Puls etwas hoch und das stresst mich. Irgendwann merke ich dann, dass ich mit Powerhiken gar nicht langsamer bin, als mein Vordermann mit joggen. So wechsle ich die Gangart dann recht häufig und finde so den passenden Rhythmus.

Tannensee

Was sich absolut nicht bewährt, ist der Navigationsmodus der Garmin, wenn das GPS im Ultracs-Modus läuft. Gefühlt alle 30 Sekunden piepst/vibriert die Uhr, um zu melden „Strecke verloren“. Wenige Sekunden später kommt dann die Meldung „Auf der Strecke“. – Ich schalte auf normalen GPS-Modus und damit erledigt sich das Problem. Beim UTMB kann ich somit die Navigation nicht nutzen, da der Akku nur im Ultrac-Modus hält. Keine grosse Sache, aber wenn ich das erst beim UTMB gemerkt hätte, wäre das mühsam gewesen.

Nach drei Kilometern kommen wir dann an den Tannensee. Es hat einige Fischer, welche hier ihrem Hobby frönen. Ich habe das Gefühl, diese Kilometer sind schnell durchgegangen und freue mich, dass es nun bald aufwärts geht. Insgesamt sind 39 Läuferinnen und Läufer am Start des Marathons und das Feld hat sich nun schon auseinandergezogen. So läuft es sich entspannt.

Wettertechnisch nichts neues. Es sieht noch nicht nach Aufhellungen auf. Ich habe das Gefühl, eher zu warm angezogen zu sein. Die langen Laufhosen sind zudem etwas zu klein und unbequem. Ich weiss nicht, wann ich diese letzmals angezogen hatte. Dann kommt der erste Anstieg auf den Grat, welcher bis zur Planplatten führt. Ich kenne dieses Stück vom letztem Mal und freue mich auf diesen schönen Abschnitt. Schon bald wird klar, dass es parallel zu 2014 eine feuchte Sache werden würde. Von den heftigen Niederschlägen der letzten Nacht, sind die Trails teilweise recht matschig.

Aufwärts in den Nebel

Bald kommen wir in den Nebel und an den ausgesetzten Stellen zieht auch der Wind. Mit meiner Kleiderwahl bin ich nun auf einmal wieder glücklich und habe nicht mehr das Gefühl, dass ich zu warm angezogen bin. Mein „Ultra-Rhythmus“ passt noch nicht so zum „Marathon-Rhythmus“ der Läufer um mich. Bergauf hike ich etwas schneller, dafür geben diese dann auf der Ebene und bergab mehr Gas. So gibt es immer wieder Positionswechsel. Mich stresst das ein wenig und ich habe das Gefühl, es kostet mich unnötig Energie. Es ist einfacher, wenn ich einfach jemandem anhängen kann, welcher eine passende Pace läuft.

Ich bin sicher, hier oben auf dem Grat hätte man eine super Aussicht. Heute ist es aber einfach nur neblig. Die Streckenmarkierung ist etwas tricky. Die gesprayten Pfeile sind schlecht erkennbar und die Trassierbänder meist spärlich positioniert. Zum Glück gibt es nicht viele Verzweigungen, an denen man falsch laufen kann.

Bei der Planplatten gibt es eine Verpflegungsstation und ich nehme mir einen Becher Bouillon. Körperlich ist soweit alles in Ordnung, ausser dass ich das Gefül habe, die linke Wade neige etwas zu einem Krampf. Das sollte eigentlich nicht sein. An der Verpflegung überhole ich einige Läufer, im anschliessenden Downhill lassen die mich aber wieder stehen. Ich versuche gar nicht, ihr Tempo mitzugehen. Meine Überlegung ist heute immer, welche Pace würde ich hier am UTMB laufen.

Zwischen Planplatten und Hochstollen

Rund zwei Stunden sind wir unterwegs, als der Aufstieg zum Hochstollen beginnt. Eine Passage hat es besonders in sich. Es ist so schlammig und rutschig, dass ich wieder mal froh bin über meine Stöcke. Der Läufer vor mir ist ohne solche unterwegs und kommt fast nicht mehr vom Fleck weil er bei jedem Schritt ausgleitet. Ich versperre mich mit den Stöcken und es ist fast wie Allrad-Antrieb. Weiter oben wird es dann wieder felsiger und das fortkommen wird einfacher. – Meine Wade macht mir immer noch Sorgen und ich frage mich, weshalb diese Schwäche auftritt. Schlussendlich kommt es aber nie zu einem Krampf und auf der zweiten Runde ist das Problem gar nicht mehr zu spüren.

Hochstollen – höchster Punkt der Strecke

Ich kann mich nur schwer orientieren, da ich erstens die Strecke nicht genau studiert hatte und zweitens die Sicht immer noch sehr eingeschränkt ist. Schlussendlich stehe ich nach rund 2:30h bei einem Wegweiser mit Bezeichnung „Hochstollen“ und anschliessend geht es in den Downhill Richtung Melchsee-Frutt. – Ich freue mich gerade, dass ich im Downhill den Läufer vor mir werde einholen können, als ich von hinten Geräusche höre. Kurz darauf flätzt der Führende des Halbmarathons an mir vorbei. Es hat hier viel Geröll auf der Strecke und ist ziemlich rutschig und ich kann nur staunen, mit welchem Speed er an mir vorbeirauscht. Unglaublich. Er hat auf rund 17km eine Stunde auf mich eingeholt!

Mystische Stimmung am Blausee

Bis zum Ende der ersten Runde passiert dann nicht mehr viel. Ich werde noch vom 2., 3. und 4. des Halbmarathons überholt und im Ziel bin ich selber dann am letzten des Ultras dran. Mit 3:19h bin ich im Rahmen meiner Erwartungen für die erste Runde.

Runde 2: Bonistock – Jochpass – Engstlenalp (23 km / 1100 Höhenmeter)

Ich trinke einen Becher Cola und zwei Becher Bouillon. Dann die Wasserflasche füllen und zwei Stück Brot mitnehmen und weiter geht es auf die zweite Runde. – Ab der Frutt geht es gleich hoch Richtung Bonistock. Im Aufstieg kann ich ein paar Läufer der Ultra-Distanz überholen. Im Abstieg zur Tannalp werde ich selber dann von der späteren Siegerin des Marathons überholt. Hier kann ich wieder mal ein paar hundert Meter abwärts in schnellem Tempo laufen. Das macht Spass und es sind einfache Meter.

Verpflegungsposten Tannalp

Bei der Verpflegung nehme ich einen Becher Bouillon. Dann geht es weiter Richtung Jochpass. Das Wetter ist nun etwas freundlicher und die Sonne drückt durch. Zwischendurch aber immer wieder der kühle Wind. Ich bin rund 4:30h unterwegs und nähere mich der 30km-Marke. Zwei Drittel geschafft. Mir geht es immer noch gut und alles ist im grünen Bereich.

Engstlensee und Engstlenalp

Ich esse mein zweites Knoppers um noch ein wenig Energie für den Aufstieg zum Jochpass zuzuführen. Weiter vorne sehe ich einen Läufer mit auffälliger Hüfttasche. Er ist mir bereits nach dem Start aufgefallen und wenn ich ihn überholen kann, gewinne ich eine Position in der Marathon-Rangliste. Ich habe dann das Gefühl, dass wegen mir versucht Gas zu geben. Schlussendlich hole ich ihn aber ein und lasse ihn ziemlich stehen. Als nächstes kann ich vor dem Jochpass noch einen Ultra-Läufer überholen. Auf den letzten 10 Kilometern bis zum Ziel sehe ich dann keine anderen Läufer mehr und laufe alles alleine.

Ab dem Jochpass bis zurück zur Melchsee-Frutt bewegen wir uns dann auf beliebten Wanderstrecken. Es sind viele Familien und Gruppen unterwegs. Die Aufhellungen sind schon wieder vorüber und noch bevor ich unten beim Engstlensee bin, beginnt es zu regnen. Ich laufe einfach mal weiter und lasse mich nicht stören. Als es dann aber sogar ganz leicht zu rieseln (Kleine Eiskörner) beginnt, überlege ich mir die Regenjacke anzuziehen.

Vom Jochpass runter zum Engstlensee

Der Spuk ist dann rasch wieder vorbei, aber bis ins Ziel bleibt es recht kalt mit den feuchten Kleidern. Ich hoffe auf gutes Wetter beim UTMB. Das wird ein wichtiger Faktor sein, welcher über Erfolg oder Abbruch entscheidet. Das heutige Rennen neigt sich bereits dem Ende zu. Von der Engstlenalp sind es noch gut 7 Kilometer bis ins Ziel. Ich bin bereits 6 Stunden unterwegs und werde meine Wunschzeit von 6:30h klar verpassen.

Von der Engstlenalp zur Tannalp

Es folgt der letzte Aufstieg von der Engstlenalp auf die Tannalp. Ich war eigentlich der Meinung, es müsste dort runtergehen. Es war mir nicht klar, dass die Engstlenalp im Gental liegt und somit nicht im selben Tal wie die Frutt. – Ja, das Streckenstudium im Vorfeld war tatsächlich etwas liederlich. Der Anstieg ist aber rasch geschafft und nun geht es nur noch zurück zur Melchsee-Frutt. Recht flache und somit schnelle Kilometer. Mir fehlt aber etwas der Antrieb, da ich weder vor mir jemanden habe der zieht, noch hinter mir jemanden der Druck macht. Jegliche Anstiege werden begrüsst, da ich dort ohne schlechtes Gewissen marschieren kann. Flach und abwärts versuche ich joggend möglichst rasch zurück zu legen. So geht es vom Tannensee über die Hochebene zum Melchsee.

Zwischen Tannensee und Melchsee

Angekommen beim Melchsee und das Ziel vor Augen, eine letzte Überraschung wegen der mangelhaften Streckenkenntnis. Es geht nicht direkt ins Ziel, sondern nochmals südlich um den See rum. Easy, machen wir auch noch. Die 7-Stunden-Marke geht vorbei und ich joggle ziemlich einsam um den Melchsee. Auf den letzten Kilometern war es ziemlich kühl und ich freue mich auf trockene und warme Kleider. Zudem will ich mir am Automaten eine Apfelschorle und eine Tüte M&M’s kaufen.

Auf der anderen Seite des Melchsees wartet das Ziel

Dann ein kurzer Schlussspurt und nach 7:14:08 bin ich als 11. von 32 Läufern im Ziel. Ich bin froh, habe ich mich nur für den Marathon angemeldet und muss nun nicht noch auf die dritte Runde.

Nach dem Rennen

Ich ziehe mich sofort trocken und warm an und nach einem Stopp beim Verpflegungsautomaten geht es mit der Bahn runter zur Stöckalp. Die Heimfahrt verläuft gut und zu Hause gibt es gleich mal eine Waschaktion.

Ausser einer gesunden Müdigkeit spüre ich körperlich keine Nachwehen.

Fazit

Ich scheue mich, den Mountainman-Marathon als Hauptprobe für den UTMB zu bezeichnen. Betreffend Länge und Höhenmetern war das nun gerade mal ein Viertel des UTMB und der ganze Lauf fand bei Tageslicht statt.

Die Ausrüstung hat sich wiederum bewährt und die Form ist auch okay. Für den UTMB werde ich mir ein Höhenprofil präparieren und wasserdicht laminieren, damit ich mich während dem Rennen gut orientieren kann.

Ich denke, ich habe gute Chancen, den UTMB dieses Jahr erfolgreich zu finishen, sofern das Wetter passt und ich den Lauf geduldig und stetig angehe.

2 Kommentare zu Mountainman-Marathon 2017 – Neblige Sache

  1. Hansruedi 21. August 2017 um 6:58 #

    Lieber Martin

    Herzliche gratulation zu Diener tollen Leistung. mit grossem Interesse lese ich immer wieder Deine eindrücklichen Laufberichte.
    Wünsche Dir weiterhin viel Spass bei Deinen hochgesteckten Zielen……. mach weiter so !

    Mit sportlichen Grüssen
    Hansruedi Müller

  2. Pius Wicki 25. August 2017 um 10:45 #

    Lieber Martin

    Dein Laufbericht, wie immer grosse Klasse. Zu deinem Saisonhöhepunkt, dem UTMB, wünschen wir dir ganz viiiiiiiiiiel Kraft und Ausdauer, du wirst es schaffen. Wir drücken alle Daumen.

    Beste Grüsse

    s’Wicki’s