Eiger Ultra Trail E51 2017 / Was will man mehr?

Vorgeschichte

Letzten November hatte ich mich wieder für den Eiger Ultra Trail E101 angemeldet, um meine Quali-Punkte für den UTMB zu erneuern. Dies mit dem Vorhaben, mich für den UTMB 2018 anmelden zu können. Im Januar 2016 bekam ich dann etwas unverhofft einen Startplatz  für den UTMB 2017 zugelost. Der E101 sollte mir nun also wieder als Vorbereitung dienen.

Die Saison hat dann nicht mit der Euphorie der Vorjahre begonnen und so habe ich mich schlussendlich entschieden, den vollen Fokus auf den UTMB zu legen und die Vorbereitungsrennen als reines Training anzusehen. Während dem Trail d’Absinthe beschloss ich, in Grindelwald nur den E51 zu laufen. Die lange E101-Distanz würde mich körperlich und mental viel stärker ermüden, während dem der Trainingseffekt wahrscheinlich nicht besser wäre. Ich konnte dann erfreulicherweise den Startplatz mit meinem Jugendkollegen Thomas Lüscher abtauschen. So konnte er sich der Herausforderung E101 stellen und ich sah gelassen dem E51 entgegen.

Mein Trainingsaufwand seit dem Trail d’Absinthe war ziemlich überschaubar. Ich habe versucht, zweimal in der Woche aufs 1000er-Stägeli zu gehen und zusätzlich einmal in den Hügeln um Schöftland ein Lauftraining zu machen. Insgesamt rund 3 Stunden Training pro Woche. Da habe ich vor zwei Jahren das doppelt bis dreifache gemacht. Für E51 und K78 mache ich mir keine Sorgen. Und beim UTMB werde ich einfach durchbeissen. So ist auf jeden Fall der Plan.

Vor dem Rennen

Ich packe meine Sachen bereits am Mittwoch Abend. Das geht relativ rasch, da die Wetteraussichten für Samstag gut aussehen und ich für den E51 keine Nachtausrüstung und keinen Dropbag benötige.

Wie letztes Jahr teilen uns Oli Stupp und ich ein Zimmer und reisen ab Olten gemeinsam an. Nach 16:00 Uhr sind wir in Grindelwald und bringen zuerst mal das Gepäck aufs Zimmer. Oli hat ein Hotel direkt gegenüber des Eventgeländes gebucht, was die Sache sehr bequem macht. Er scheint aus seinen Fehlern zu lernen! – Wir packen die Laufrucksäcke und holen die Startnummern ab. Anschliessend Pasta Party und Eröffnungsfeier.

Das Eventgelände

Matthias Bachmann spricht mich an. Er führt ebenfalls einen Laufblog und wir kennen uns von da, ohne und bis jetzt persönlich begegnet zu sein. Da er auch Unternehmer ist, verstehen wir uns sofort gut. Mein Nachbar Uwe Mandre ist auch da. Auch er hat eine Homepage zum Thema „Trailrunning“ und versucht sich wie Matthias zum ersten Mal am E101. – Ich bin recht entspannt mit meiner E51-Startnummer und sehe eigentlich gar keine richtigen Schwierigkeiten bei diesem Lauf.

Nach 20:00 Uhr gehen Oli und ich dann aufs Zimmer, legen alles für den Morgen bereit und gehen dann früh zu Bett. – Wie immer kann ich nicht gut einschlafen, habe dann einen komischen Traum von einem Lauf, bei welchem alles schiefläuft und erwache viel zu früh wieder. – Oli steht irgendwann nach 3:00 Uhr auf und geht frühstücken. Ich drehe mich nochmals und stehe erst um 4:00 Uhr auf, um dem E101-Start beizuwohnen. Ist mal interessant, das von aussen zu beobachten.

Sobald die Meute weg ist, gehe auch ich zum Frühstück. – Im Saal sitzen nur zwei Personen, aber ausgerechnet diese kenne ich. Und so platze ich um 4:45 Uhr in die traute Zweisamkeit von Marco und Natascha. Dies zur Strafe, dass Marco immer viel schneller läuft als ich und zudem meine Idee kopiert hat, vom E101 auf E51 zu reduzieren. Ich glaube richtig übel nehmen sie mir die Störung nicht. Um 5:15 Uhr bin ich wieder im Zimmer und lege mich bis 6:00 Uhr nochmals hin. Dann rennfertig anziehen, nochmals alles kontrollieren, Toilette, Wasserflaschen füllen und um 6:30 Uhr über die Strasse in die Startbox. Easy-Life als E51-Panorama-Trailer!

Grindelwald – First

Punkt 6:45 Uhr erfolgt der Startschuss und es geht los durch Grindelwald in Richtung Grosse Scheidegg. Der Himmel ist mit Wolken bedeckt, aber es ist ziemlich warm und soll heute trocken bleiben. Auf den Höhen sind sind Temperaturen im einstelligen Bereich und es ist Wind gemeldet. Ich laufe in kurzen Hosen und langärmligem Oberteil. Erfreulicherweise fühle ich mich direkt ab Start gut und fit. Das war zum Beispiel beim Trail d’Absinthe anders.

In der Startbox

Während ich beim E101 in der Anfangsphase jeweils darauf geachtet habe, nicht zu stark zu forcieren, versuche ich heute etwas schneller ans Werk zu gehen. Im Stau vor der Brücke bei Kilometer 2.5, falte ich dann meine Stöcke auseinander und mache diese betriebsbereit für den Aufstieg. Mein Puls bewegt sich schon bald in den hohen 160er. Das ist für die Startphase eines Ultras etwas hoch, ich lasse es heute aber einfach mal drauf ankommen. – Grosse Möglichkeiten für Tempovariation gibt es auf den Singletrails eh nicht, da hier noch in Kolonne marschiert wird. Was mir gefällt ist die Ruhe welche herrscht. Niemand redet und das Ganze wird fast meditativ.

Wenn der Weg breiter ist, kann ich meist ein paar Läufer überholen. Ich habe mir keinen Zeitplan zurechtgelegt und weiss auch die Durchgangszeiten vom letzten Mal nicht. Als ich dann nach genau 1:30h auf der Grossen Scheidegg ankomme, glaube ich rund 15 Minuten schneller zu sein, als letztes Jahr. Diese Vermutung stimmt, wie ich später zu Hause kontrolliere. Allerdings könnten dies genau die 15 Minuten zu schnell sein, welche sich beim E101 am Nachmittag rächen.

Aufstieg Richtung Grosse Scheidegg

Ich habe noch genug Wasser und greife mir bei der Verpflegung nur ein Stück Appenzeller Biber und weiter geht’s! Richtung First versuche ich ebenfalls, das Tempo hochzuhalten und möglichst viel zu laufen. Das funktioniert gut und geht viel einfacher als bei den flachen Strassenrennen, da Wegbeschaffenheit und Topographie viel abwechslungsreicher sind. Was mir am ganzen E51 eigentlich am meisten Sorgen macht, sind die letzten 7 Kilometer von Burglauenen nach Grindelwald. Aber so weit bin ich ja noch nicht.

Grosse Scheidegg

Temperaturmässig ist es schon relativ kühl, wenn der Wind weht. Solange man aber in Bewegung ist, passt es. Im Tagesverlauf soll es noch wärmer werden und dann ist es eh kein Problem mehr. Die Bedingungen also absolut perfekt. Mir geht es gut und alles funktioniert. – Ausser der Sichtung einer Gemse, gibt es bis zur First dann auch nicht mehr viel zu berichten. Während die E101-Läufer noch die Zusatzschlaufe runter nach Bort machen müssen/mussten, können wir E51er direkt über den First Cliff Walk zum Futternapf.

Ich fülle eine Wasserflasche und halte nach Bouillon Ausschau, kann aber keine erblicken. Den Verpflegungsplan habe ich im Vorfeld nicht studiert, da ich einfach davon ausgegangen bin, dass es schon passen wird. Ein Ziel von heute ist, ohne Eigenverpflegung zu laufen. Ich habe zwar zwei Gel’s und etwas Schokolade dabei, ich will diese aber nur bei einem akuten Energiemangel nutzen. – Ich greife mir ein Stück Brot und weiter gehts. 2:16h unterwegs, 14 Kilometer gelaufen, noch 37 Kilometer vor mir.

Flockig Richtung First

First – Faulhorn

Ab First bis Burglauenen laufen wir nun gemeinsam mit dem E101. Als E101-Läufer hat mir das jeweils nicht so gepasst, da die E51er eine gewisse Hektik reinbringen. Heute bin nun also selber Unruhestifter, finde aber es passt gut mit dem Tempo. Dies kann aber auch daran liegen, dass ich zum Beispiel letztes Jahr rund 20 Minuten früher bei der First war und dementsprechend auch die schnelleren E51-Läufer um mich hatte.

First Cliff Walk

Richtung Bachalpsee geht es auf dem breiten „Japaner“-Wanderweg. Ich versuche auch hier Tempo zu machen und auch die kleinen Steigungen durchzujoggen. Die Wege und Trails sind in super Zustand und im Gegensatz zum letzten Jahr ist alles schneefrei. Eiger, Mönch und Jungfrau sind immer noch von Wolken verhüllt. Das passt zwar dem Fotografen beim Bachalpsee nicht, für die Trailrunner ist es aber kein Nachteil.

Ab Bachalpsee ist dann wieder viel Singletrail und entsprechend Kolonnenverkehr. Ich versuche einfach immer am Vordermann dranzubleiben. Aufwärts ist das kein Problem. Abwärts über die vielen Steinblöcke ist es teilweise etwas tricky, damit man immer sicheren Tritt hat. Es gibt zum Glück heute wenig Überholmanöver und so ist es recht entspannt.

Beim Bachalpsee. In der Mitte oben bei den Schneefeldern das Faulhorn.

Dann kommt meine Lieblings-Verpflegungsstation „Feld“. Der Posten ist in einem Kuhstall eingerichtet. Hier wird zum ersten Mal Bouillon angeboten und ich nehme zwei Becher davon. Zudem ein Becher Tee, ein paar Chips, etwas Brot und zwei Stück Schokolade. – Als ich dann „vollgefressen“ den Posten verlasse, eine passiert kurze Zwischengeschichte. Eine Läuferin spricht mich mit „Martin“ an. Wir schauen uns an und ich habe keinen Plan, wer sie ist. „Du bist es Martin. Wir waren zusammen beim Urdenfürggli!“. Das Urdenfürggli kenne ich hingegen. Der Pass im Gebiet zwischen Lenzerheide und Arosa ist in meinem Gedächtnis als „Fucking Urdenfürggli“ abgespeichert, seitdem ich am Irontrail T201 mitten in der Nacht fast nicht mehr daran geglaubt habe, dort hochzukommen. Es ging mir damals also nicht so gut und deshalb halte ich es für möglich, dass ich mich nicht mehr an sie erinnere. Nachdem wir aber feststellen, dass sie nicht 2015 dort war und ich nicht Arzt bin, geht das Ganze als Verwechslung in die Geschichte ein.

Ich bin fälschlicherweise der Meinung, direkt nach der Verpflegung würde der Anstieg zum Faulhorn beginnen. Dem ist aber nicht so, denn wir müssen zuerst rüber zur Oberläger Bussalp, wo früher mal der Verpflegungposten war. Ich lauf ja auch erst zum vierten Mal hier durch, da kann man sich schon mal irren. Aber langsam merke ich, wo die Kilometer versteckt sind. Gestern Abend konnte ich mir gar nicht mehr vorstellen, wo man bei diesem Lauf 9 Stunden verbraten soll.

Soweit ist alles in Ordnung und ich fühle mich gut. Ich will aber endlich den Aufstieg aufs Faulhorn in Angriff nehmen, denn wenn der geschafft ist, ist das praktisch die Hälfte der Strecke weg und die Höhenmeter sowieso. Da ich keinen Zeitplan aufgestellt habe, weiss ich nicht, wie gut ich unterwegs bin. Gefühlsmässig passt es, ich habe aber keinen Anhaltspunkt. Was ich weiss ist, dass das Faulhorn rund 2’700m hoch ist (genau 2’681m). Mein Höhenmesser zeigt bei der Oberläger Bussalp gut 2’000m an, das heisst der Aufstieg beträgt rund 700 Höhenmeter was bei meiner Faustformel (100 Höhenmeter in  10 Minuten) einen Aufstieg von über einer Stunde bedeuten würde. Der Blick hoch zum Faulhorn ist dann auch etwas frustrierend. Das Ding ist wirklich hoch oben. Meine „Ich kenn das ja eh schon“-Vorbereitung rächt sich nun etwas und das Hirn setzt ein. „Was willst du am UTMB, wenn du hier nach gut 20km und vor dem zweiten Anstieg schon die Krise hast?“ – Solche Gedanken bringen einem natürlich nicht weiter.

Immer wieder eine Erlösung, wenn das Berghaus Faulhorn so nahe ist.

Die Anstiege liegen mir ja grundsätzlich. Das Problem beim Faulhorn ist nur, dass das sowohl Läuferfeld, wie auch Terrain hier offener sind und man selber einen passenden Rhythmus finden muss. Mit dem tue ich mich anfangs etwas schwer. Nach einer Viertelstunde bin ich dann aber drin und es läuft. Ich habe aber das Gefühl die Anstrengung ist recht hoch und ich zweifle etwas an meiner Form. Weiter vorne ist eine Läuferin mit auffällig pinkem Outfit. Ich setze mir zum Ziel, zu ihr aufzulaufen und nachher anzuhängen. Als ich näher komme erkenne ich Daniela und direkt vor ihr ihren Mann Thom. Ich habe die beiden am Ultra Bielersee kennengelernt. Dort haben sie gesagt, dass sie den E101 laufen wollen. Ich habe das Gefühl, dass Daniela ziemlich am Leiden ist und merke, dass ich schneller bin. Ich grüsse die beiden und überhole. Ab diesem Zeitpunkt geht es mir gut und der restliche Anstieg ist kein Problem mehr. Mindgame! In diesem Zusammenhang schnappe ich auch einen Spruch einer anderen Läuferin auf. Ihr Kollege fragt sie, ob es geht. Ihre Antwort: „It’s just mindfuck! In ten minutes it’s over!“ – Das alte Ultra-Sprichwort kommt mir in den Sinn: „Egal ob es dir gut oder schlecht geht – es wird sich ändern!“.

Hinterher stelle ich fest, dass ich rund 50 Minuten für den Aufstieg aufs Faulhorn benötigt habe. Letztes Jahr brauchte ich rund 10 Minuten länger. Aus meiner Sicht der Unterschied zwischen einer E51- und einer E101-Pace. Es läuft sich anders, wenn man weiss, dass am ab Burglauenen nur noch zurück nach Grindelwald schleichen muss. Im Aufstieg hatte ich ein paar Mal leichte Krämpfe in den Füssen, wenn ich nicht sauber auftreten konnte. Waden und Oberschenkel sind aber im grünen Bereich und das ist die Hauptsache.

Da ich kein Wasser auffüllen muss, kann ich an der Wasser-Warteschlange vorbeimarschieren. Ich nehme mir je einen Becher Tee/Bouillon/Cola und ein Stück Brot. Dann geht es weiter. Die Temperatur ist okay, aber zum rumstehen zu frisch. Also geht es in den Downhill Richtung Schynige Platte.

Faulhorn – Schynige Platte

Letztes Jahr hatte es hier Schnee und die Passagen direkt nach dem Faulhorn waren eine brutale Rutschbahn. Dieses Jahr sieht das viel einfacher aus und ich lasse mich etwas täuschen. Als ich nämlich eine Abkürzung nehmen will, um einen langsameren Läufer vor mir zu überholen, liege ich auf einmal unsanft auf dem Arsch bzw. meinem linken Oberschenkel. Ich bin bis jetzt zum Glück selten gestürzt und deshalb erschrecke ich auch kurz. Meine linke Wade verkrampft sich und am linken kleinen Finger ist etwas Blut zu sehen. Ich kann sofort wieder aufstehen und die Wade entspannt sich ohne grosses zutun wieder. Schreckmoment überstanden. (Nach dem Rennen erfahre ich, dass Kilian Jornet sich heute bei einem Sturz am Hardrock 100 die Schulter ausgekugelt hat und nachher das Rennen mit einem Arm in der Schlinge gewonnen hat.)

Etwas vorsichtiger geht es weiter und das Gelände wird dann auch bald wieder flacher und laufbarer. Die Herausforderungen sind nach dem Faulhorn eigentlich weg und es geht nun nur noch drum, möglichst rasch zurück nach Grindelwald zu kommen. Eine Finisherzeit kann ich immer noch nicht abschätzen. Ich versuche aber Tempo zu machen und möglichst wenig zu marschieren. Teilweise ist der Trail sehr technisch und man muss zwischen Geschwindigkeit und Sicherheit abwägen. Ich entscheide mich immer für Sicherheit.

Über das Berghaus Männdlenen geht es weiter über die felsigen/steinigen Trails Richtung Verpflegungsposten Egg. Erst kurz davor nehmen die technischen Schwierigkeiten ab und ich kann wieder entspannter und schneller laufen. Es hat einige Wanderer auf der Strecke und ich überlege mir, hier mal mit der Familie wandern zu gehen. Heute bin ich aber als Trailrunner hier und ich möchte nicht mit einer Familienwanderung tauschen. Es passt einfach!

Berghaus Männdlenen

Bei der Verpflegung Egg gibt es nur Wasser. Ich fülle eine meiner Flaschen und laufe gleich weiter. Ich bin rund 5.5 Stunden unterwegs und habe 30 Kilometer geschafft. Es läuft immer noch tiptop, ich kann aber meine Endzeit noch nicht abschätzen. Irgendwann fliesst es dann einfach. Ich bewege mich relativ schnell und fast mühelos. Ich glaube Runner’s High ist übertrieben, aber im Flow bin ich schon und es geht sowohl körperlich, wie auch mental stressfrei. Datasport gibt mir für die Etappe Faulhorn-Schynige Platte dann auch eine super Abschnittszeit. Irgendwie hat es hier einfach gepasst.

Richtung Schynige Platte

Der Verpflegungsposten Schynige Platte steht etwas früher als in den Vorjahren. Bouillon und Cola, dazu Chips. Dann geht es weiter. Meine Verpflegung im Rucksack habe ich noch nicht angefasst.

Schynige Platte – Grindelwald

Der Downhill runter nach Burglauenen ist lang und anspruchsvoll. Ich muss mir heute aber keine Gedanken an den für die E101er folgenden Anstieg nach Wengen machen. Deshalb lasse ich es so gut wie möglich laufen. Schon kurz nach der Schynigen Platte laufe ich auf Richard Tonolla und seinen Neffen auf. Die beiden absolvieren den E101. Richi und ich sind einige Rennen parallel gelaufen, haben uns aber noch nie richtig getroffen. Ich kenne ihn, da er jeweils tolle youtube-Videos von seinen Unternehmungen macht. Er erkennt mich auch sofort als Blog-Schreiber und so haben wir einiges auszutauschen.

Richi wird auch am UTMB starten und so diskutieren wir über unsere geplante Vorbereitung bis dahin. In Davos will er gemeinsam mit seiner Tochter den Irontrail T133 laufen. Ambitioniertes Programm, aber ich bin sicher, dass er das schaffen kann! Trotz Gequatsche kommen wir gut vorwärts und erst beim kurzen Gegenanstieg bei Kilometer 40, überhole ich die beiden und laufe davon.

Hinter Richi Tonolla im Gegenanstieg

Den genauen Plan hatte ich heute ja nie. Ich weiss aber, dass Burglauenen auf rund 900 müM liegt. Meine (übrigens neue) Garmin Forerunner 935 zeigt immer noch eine Höhe von fast 1’500 müM an. Noch rund 600 Höhenmeter zu vernichten! Der Talboden ist noch weit entfernt. Als ich hier 2014 zum ersten Mal lief, hat mich dieser Downhill fast fertig gemacht. Mittlerweile bin ich geduldig. Es dauert noch fast 30 Minuten, bis ich unten bin.

Der Einlauf in Burglauenen ist dann immer sensationell. Seit der First (und das war vor 5.5 Stunden), hat es endlich wieder mal richtig Zuschauer an der Strecke. Die Seele saugt die Aufmerksamkeit, welche man endlich wieder bekommt richtiggehend auf. Absolutes Hochgefühl! Ich bin ein Held! – Im Laufschritt falte ich meine Stöcke zusammen und fixiere sie in der Stockhalterung am Rucksack. Die brauche ich heute nicht mehr. Das Ding ist gegessen.

Für E101-Läufer ist der Verpflegungsposten Burglauenen das kleine Paradies auf Erden. Hier wartet der persönliche Dropbag, es gibt alles an Verpflegung was man sich wünschen kann (inkl. Pasta und Kartoffeln), Toitoi, Dusche, Bänke, ….). – Als E51-Läufer betrachte ich die Sache etwas nüchterner. Ein Stück Wassermelone gönne ich mir dann aber doch. Wasserflasche halb füllen, ein Becher Cola, ein Becher Bouillon und weiter gehts.

Die Helden gehen nach rechts, die Vernünftigen nach links!

Im Wettkampf-Reglement steht, dass es streng verboten ist, in Burglauenen die Geleise bei geschlossener Schranke zu überqueren. Die beiden Sicherheitsposten winken mich dann aber so energisch durch, dass ich befürchte disqualifiziert zu werden, wenn ich nicht bei geschlossener Schranke drübergehe. Wieder ein paar Sekunden gewonnen! – Ëin herzliches Danke an all die super Helfer, welche an diesem Lauf im Einsatz sind!

Dann trennen sich die Strecken von E101 (steil hoch nach Wengen) und E51 (ziemlich flach zurück nach Grindelwald). Ich bin seit 7:45h unterwegs und es sind noch gut 6 Kilometer zu laufen. Ich weiss, dass nun der für mich härteste Teil kommt. Dauerlauf mit leichter Steigung. Es gibt nichts, was ich läuferisch weniger mag. Unter 9 Stunden werde ich auf jeden Fall bleiben. Perfekt wäre eine Zeit unter 8:30h. Irgendwo dazwischen werde ich wohl landen.

Asphaltstrasse, lange Gerade. Schon bald überholt mich der erste Läufer. Das kann ja heiter werden! Körperlich passt alles. Füsse, Muskulatur, Kreislauf, alles in Ordnung. Aber der Kopf motzt. Wieso die Anstrengung? – Ich versuche ruhig und geduldig zu bleiben. Weiter vorne marschiert ein anderer Läufer. Anderen geht es nicht besser als mir. Den hole ich mir. Jede Minute im Laufschritt, bringt mich 150 Meter näher ans Ziel!

Das Ende naht

Dann geht es runter an die Schwarze Lütschine. Der Bach gibt mir etwas Energie und als es dann im Wald auch wieder etwas trailiger wird, geht es nochmals ein wenig einfacher. – Ich bin hier schon mal gejoggt, vor zwei Jahren, als ich Markus Hauri am Swissman-Triathlon auf der Laufstrecke begleitet hatte. Hier hatte ich auch gelitten, da Markus aus Angst, den Cutoff in Grindelwald zu verpassen, auf einmal das Tempo verschärft hatte.

Die Steigungen marschiere ich. Das ist auch okay. Auf den Flachstücken zwinge ich mich dann aber wieder zum Laufschritt. Ich nenne das Strassenkampf! Und trotz allem jammern schlage ich mich heute gar nicht so schlecht darin. Irgendwann komme ich dann zur Abzweigung ins Steilstück hoch zur Dorfstrasse. Ich frage den Streckenposten dort, ob der E101-Sieger schon durchgekommen ist. Die Antwort ist: „Nein, aber er wird bald erwartet“. – Der letzte Anstieg hat es dann in sich. Es sind nur 60 – 70 Höhenmeter, aber mir fehlt gerade die Geduld. Ich glaube bei allen drei meiner E101-Finishes bin ich hier besser hochgekommen. Irgendwie ist die mentale Verfassung wichtiger, als die körperliche.

Die letzten Meter

Oben an der Dorfstrasse kann ich noch Willi Lüscher aus Schlossrued grüssen. Er wartet auf seinen Sohn, mit welchem ich den Startplatz getauscht habe. Er wird noch ein paar Stunden warten müssen, obwohl Thömu sehr schnell unterwegs ist. – Ich geniesse die letzten Meter bis zum Ziel. Die Uhr stoppt für mich nach 8:33:34h. – Gesund und glücklich im Ziel! Was will man mehr?

Nach dem Rennen

Zuerst gibt es das Finisher-Shirt und die Medaille, dann gönne ich mir einen Becher Cola und ein paar Schnitze Wassermelone. Der Speaker kündigt dann den Einlauf von Stephan Hugenschmidt, dem Führenden des E101 an. Er braucht für die ganzen 101 Kilometer nur rund 2.5 Stunden länger, als ich für den E51. Unglaubliche Leistung.

Auf dem Weg ins Hotelzimmer treffe ich Markus Hauri an, welcher den E35 erfolgreich gefinisht hat. Er ist bereits auf dem Weg zum Bahnhof und ich freue mich, dass ich ihn noch kurz gesehen habe. – Ich dusche, packe und sitze dann genau eine Stunde nach Zieleinlauf ebenfalls im Zug nach Hause. Bis ich nach 21:00 Uhr ins Bett gehe, verfolge ich über Datasport die Fortschritte der mir bekannten Läuferinnen und Läufer. Ausser leider bei Uwe, funktioniert es bei allen und sie finishen den E101 erfolgreich. Super Sache!

Fazit Eiger Ultra Trail E51

1.) Es war ein gutes Training ohne zu grosse Belastung und entsprechend langer Regenerationszeit. Dieser Plan ist aufgegangen.

2.) Verpflegung ohne Gels und nur an den Verpflegungsposten hat gut funktioniert. Hier wird der K78 nochmals Aufschlüsse geben, denn da hatte ich letztes Jahr Probleme mit dem Magen in der Schlussphase.

3.) Die Form ist soweit okay. Wenn ich weiter dranbleibe, sollte ich die notwendigen körperlichen Voraussetzungen für den UTMB erreichen.

4.) Der Lauf war unkomplizert und toll. Ziel muss sein, dass ich auch in den nächsten Jahren solche Läufe in ähnlicher Zeit absolvieren kann.

5.) Für den UTMB muss ich mich zurücknehmen und diszipliniert und defensiv starten. Beim UTMB wird entscheidend sein, dass ich die Geduld und somit die Nerven nicht verliere und bis zum Schluss bereit bin zu kämpfen!

15 Kommentare zu Eiger Ultra Trail E51 2017 / Was will man mehr?

  1. Pascal Ramseier 18. Juli 2017 um 20:34 #

    Gratulation zur tollen Leistung auf den Beinen und beim Schreiben.
    Wer macht jeweils die Fotos?
    Gruss Pascal

    • Martin Hochuli 18. Juli 2017 um 20:52 #

      Hoi Pascal
      Die, welche ich drauf bin: Alphafoto. Die anderen: ich.
      Gruess, Martin

  2. marco 18. Juli 2017 um 21:34 #

    hallo martin, toll geschrieben! und nein wir haben uns nicht „gestört“ gefühlt….hat uns gefreut mit dir zusammen zu z’mörgelen und sich gegenseitig zu motivieren. liebe grüsse aus oensingen natascha & marco

  3. brigitte 18. Juli 2017 um 22:55 #

    martin,ich frage mich gerade:bist du nicht im falschen beruf?du schreibst echt gut mit viel witz,obwohl du sicher nicht immer zu lachen hattest😉

    cooler bericht und ich wünsche dir genau so einen guten utmb!

    liebe grues
    brigitte

    • Martin Hochuli 19. Juli 2017 um 22:16 #

      Hey Brigitte

      Es gibt schon Stunden, da frage ich mich, ob ich im falschen Beruf bin. (Aber die hat sicher jeder und sie sind selten) 🙂

      Liebe Grüsse
      Martin

  4. Heike 19. Juli 2017 um 9:11 #

    Hallo Martin, danke für den schönen Bericht und toi, toi, toi für die weiteren Vorhaben. War am Samstag beim E35 dabei, hatte ganz kurzentschlossen vor 3 Wochen noch einen Startplatz in einer Tauschbörse erstanden und bin immer noch total happy. Wie Du schreibst, das findet im Grossen und Ganzen alles im Kopf statt 😉

  5. Heinz 19. Juli 2017 um 9:24 #

    Hoi Martin, wir staunen nur noch, was du ALLES fertig bringst. Liebe Grüsse Heinz & Cesira

    • Martin Hochuli 19. Juli 2017 um 22:15 #

      Hoi zäme

      Danke vielmals!

      Liebe Grüsse, Martin

  6. Richard 19. Juli 2017 um 9:57 #

    Es war toll dich zu treffen, der Lauf runter nach Burglauenen verging dadurch im Flug.

    Gratuliere zu der Superzeit. Du hast völlig recht, die Vernünftigen gehen nach links. Das hätte mir einen tollen Lauf beschert, anstatt der Plackerei bis am Sonntag morgen.

    Noch eine kleine Korrektur: Ich war mit meinem Neffen unterwegs. Der hat das erste Mal vor zwei Jahren den Transviamala gemacht, damit die Freude am Trailrunning entdeckt und jetzt bereits E101 Finisher in 21 Stunden.

    Das ist das tollste: das man andere inspirieren kann für diesen grossartigen Sport

    Bis bald in Chamonix

    Richard Tonolla

    • Martin Hochuli 19. Juli 2017 um 22:14 #

      Hoi Richi

      Schlecht recherchiert! – Den Fehler habe ich korrigiert.

      Gute Rest-Vorbereitung bis zum UTMB! – Wir sehen uns in Chamonix.

  7. Thömu 19. Juli 2017 um 10:51 #

    Hallo Tinu

    Gratuliere dir zu deiner Leistung und zu diesem tollen Bericht.
    Danke noch einmal für das Tauschen des Startplatzes…

    Danke und Gruss
    Thömu

    • Martin Hochuli 19. Juli 2017 um 22:13 #

      Hoi Thömu

      Hat ja erfreulicherweise für beide von uns tiptop geklappt!

      Gruess, Tinu

  8. Sabine Heiland 31. Juli 2017 um 17:03 #

    Herzlichen Glückwunsch zum Finish und der tollen Leistung. Super Bericht, super Bilder. Wenn man selbst (wie ich bzw. wir) bei der gleichen Veranstaltung dabei war, liest man das natürlich doppelt gern 🙂

  9. Thomas 5. August 2017 um 1:14 #

    Super Bericht – vielen Dank! Ich habe den E51 zweimal gemacht, bevor ich mich dieses Jahr an den E101 wagte. Beide Distanzen sind sehr schöne Erlebnisse und dennoch ist es erstaunlich, wie unterschiedlich der Charakter der beiden Läufe dann doch ist. Das kommt in Deinen Berichten dazu sehr gut rüber. Viel Glück mit dem UTMB!
    Grüsse, Thomas

    • Martin Hochuli 5. August 2017 um 16:08 #

      Hallo Thomas

      Danke für das Feedback und vor allem herzliche Gratulation zum E101-Finish!

      Beste Grüsse,
      Martin